Das streitige Erbscheinsverfahren
Das Wichtigste erklärt von Ihrem Anwalt in Dresden
Der Erbschein – aber auch das europäische Nachlasszeugnis – ist ein amtliches Zeugnis zum Nachweis der Erbenstellung. Er wird häufig benötigt, damit der Erbe Immobilien oder Finanzvermögen auf sich umschreiben lassen zu können. Der Erbe muss den Erbschein beim zuständigen Nachlassgericht beantragen.
Das Gericht hört die als Erben in Betracht kommenden Personen, insbesondere die gesetzlichen Erben an. Tragen diese Personen keine Einwände gegen den Erbscheinsantrag vor, so erteilt das Gericht den Erbschein antragsgemäß. In vielen Fällen sind sich die Beteiligten jedoch nicht einig, wer Erbe geworden ist. Das Verfahren zur Erteilung eines europäischen Nachlasszeugnisses folgt dem gleichen Ablauf.
→ Hier finden Sie generelle Informationen zum Erbschein
Gerne unterstützen & vertreten wir Sie bei Ihrem Erbscheinsverfahren
In einem streitigen Erbscheinsverfahren sind häufig juristisch höchst anspruchsvolle Fragestellungen zu klären oder die Testierfähigkeit des Erblassers zu ermitteln. Ohne anwaltlichen Beistand sind diese Verfahren besonders belastend und dauern häufig über mehrere Monate oder Jahre. Gerne unterstützen wir Sie als Fachanwälte für Erbrecht von Dresden aus und vertreten Sie in Ihrem Erbscheinsverfahren.
Wann entsteht regelmäßig Streit über das Erbrecht?
Besonders häufig besteht Uneinigkeit, wer Erbe geworden ist, wenn:
- nicht klar ist, ob der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch testierfähig war,
- mehrere widersprüchliche Testamente vorhanden sind,
- ein Testament nicht klar und deutlich formuliert ist oder
- der Verdacht im Raum steht, dass ein Testament gefälscht worden ist (Echtheit des Testaments). Weitere Inormationen hierzu finden Sie unter "Betrug beim Erbe & Erbschleicherei".
Wie läuft dann das Erbscheinsverfahren ab?
Die Anhörung der Beteiligten
Das Gericht hört in einem Erbscheinsverfahren grundsätzlich die nach dem Testament als Erben in Betracht kommenden Personen und die gesetzlichen Erben an. Diese Personen erhalten die Möglichkeit zu einem Erbscheinsantrag eines Beteiligten Stellung zu nehmen, d.h. insbesondere etwaige Einwände gegen dessen Erbenstellung vorzutragen.
Nicht im Erbscheinsverfahren berücksichtigt werden z.B. Vermächtnisnehmer oder sonstige Begünstigte, die keine gesetzlichen Erben sind. Die Pflichtteilsberechtigten sind – da sie ohne Testament gesetzliche Erben wären – grundsätzlich anzuhören. Einen Erbschein können Sie aber – wie der Vermächtnisnehmer oder sonstige Begünstige – nicht beantragen.
Weitere Ermittlungen zur Klärung der Erbfolge am Beispiel der streitigen Testierfähigkeit
Danach entscheidet das Gericht, ob es zur Entscheidung über den oder die Erbscheinsanträge weitere Ermittlungen tätigen muss. Dies ist z.B. regelmäßig der Fall, wenn die Testierfähigkeit des Erblassers ernsthaft und nachvollziehbar aufgrund einer langjährigen Demenzerkrankung angezweifelt wird.
Muss das Gericht klären, ob der Erblasser testierunfähig war, so hört es im Rahmen eines Verhandlungstermines mit den Beteiligten nicht nur Zeugen an, die Aussagen zum geistigen und gesundheitlichen Zustand im Zeitraum der Testamentserrichtung tätigen können, sondern nimmt – sofern möglich – auch Einsicht in ärztliche Unterlagen oder Betreuungsakten im fraglichen Zeitraum. Zur Entscheidung, ob die so ermittelten Rahmenbedingungen gegen eine Testierfähigkeit sprechen, bedient sich das Gericht meist eines Sachverständigen, bestenfalls eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie mit der Schwerpunktbezeichnung „Forensische Psychiatrie“.
Nicht ausreichend ist es regelmäßig, wenn das Gericht lediglich eine Begutachtung aus einem vorherigen Betreuungsverfahren des Erblassers beizieht. Denn dieses hat die Frage der Notwendigkeit einer Betreuung zum Schwerpunkt, nicht die Klärung der Testierfähigkeit.
Besonderheit bei der Klärung der Testierfähigkeit ist, dass grundsätzlich vermutet wird, dass der Erblasser testierfähig war. Nur wenn diese Vermutung widerlegt werden kann, geht das Nachlassgericht von der Testierunfähigkeit aus. Bei Zweifeln bleibt es bei der Vermutung der Testierfähigkeit – das Testament ist dann wirksam errichtet.
Die Entscheidung des Gerichts
Bevor der Erbschein erteilt wird, erlässt das Nachlassgericht einen sog. Feststellungsbeschluss, § 352e FamFG. Es legt in diesem dar, ob es die Tatsachen für festgestellt erachtet, die zur Erteilung des Erbscheines notwendig sind. Erst wenn dieser Beschluss rechtskräftig ist – also die unterlegenen Beteiligten keine Rechtsmittel einlegen –, wird in einem streitigen Erbscheinsverfahren der Erbschein selbst ausgestellt und dem Antragsteller ausgehändigt.
Zuständig ist bei der Erbscheinserteilung auf Basis der gesetzlichen Erbfolge grundsätzlich der Rechtspfleger, bei der Erbfolge aufgrund einer letztwilligen Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) der Richter, § 16 RPflG (Rechtspflegergesetz).
Gibt es Rechtsmittel gegen diesen Beschluss?
Ist ein Beteiligter mit der Entscheidung des Nachlassgerichtes nicht einverstanden, so kann die unterlegene Partei grundsätzlich Beschwerde einlegen. Die Beschwerdefrist dafür liegt bei einem Monat und ist beim zuständigen Nachlassgericht einzulegen.
Auf die Beschwerde hin wird das Nachlassgericht prüfen, ob es vor diesem Hintergrund seine Entscheidung abändert. Tut es dies nicht – was in der Regel der Fall ist – so leitet es die Sache an das zuständige OLG (Oberlandesgericht) weiter. Dieses wird die Beschwerde prüfen, ggf. selbst Ermittlungen vornehmen und dann erneut über den Erbscheinsantrag entscheiden oder die Sache an das Nachlassgericht zur erneuten Entscheidung zurückverweisen.
Im Anschluss an diese Entscheidung erteilt dann das Nachlassgericht den Erbschein.
Gibt es andere Verfahren, in denen die Erbfolge geklärt werden kann?
Ist die Erbfolge zwischen den Beteiligten streitig, so kann diese rechtsverbindlich in Rahmen einer sog. Erbenfeststellungsklage – zuständig ist regelmäßig das Landgericht und nicht das Nachlassgericht – geklärt werden. Vorteil dieser Gestaltung ist es, dass an die Entscheidung des Landgerichts auch das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren gebunden ist. Umgekehrt ist aber ein vorheriger Erbschein nicht bindend. Auch kann der Erbschein durch neue Tatsachen – anders als bei der Erbenfeststellung – durch spätere Tatsachen unrichtig und dann eingezogen bzw. für kraftlos erklärt werden.
Das Erbenfeststellungsverfahren ersetzt jedoch nicht den Erbschein. Dieser wird trotzdem in vielen Fällen zum Nachweis des Erbrechts benötigt.
Gerne helfen Ihnen die Fachanwälte für Erbrecht in Dresden weiter
Egal, ob Streit über die Testierfähigkeit des Erblassers besteht, darüber gestritten wird, ob das Testament gefälscht ist oder welches von mehreren Testamenten wirksam ist, Ihre Fachanwälte für Erbrecht aus Dresden unterstützen Sie gerne nicht nur im Erbscheinsverfahren oder bei einer Erbenfeststellungsklage.