Gesetzliche Erbfolge: Kein Testament - Wer erbt was?

Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn der Erblasser kein Testament errichtet bzw. keinen Erben benannt hat. Existiert aber ein Testament, so ist dieses vorrangig und schließt insoweit die gesetzliche Erbfolge aus.

Doch Achtung: Die Regelungen der gesetzlichen Erbfolge im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) stammen zum Großteil noch aus dem Jahre 1900 und sind somit in den meisten Familienkonstellationen nicht mehr zeitgemäß. Dies betrifft insbesondere Geschiedene, mehrfach Verheiratete oder nichteheliche Lebensgefährten. Aber auch wer seinen Ehegatten absichern will, wird in den meisten Fällen von der gesetzlichen Erbfolge abweichen.

Wie ist die gesetzliche Erbfolge ohne Testament?

Die gesetzliche Erbfolge wird in verschiedene Ordnungen eingeteilt – zunächst erben die Erben der ersten Ordnung. Verwandte vorrangiger Ordnungen schließen Verwandte aus weiter entfernten Ordnungen aus, § 1930 BGB. Sind also keine Verwandten der ersten Ordnung vorhanden, so erben die Personen der zweiten Ordnung. Sind auch hier keine Personen mehr vorhanden, so erben die Verwandten der dritten Ordnung, usw.

Neben dem Erbrecht der Verwandten in Ordnungen gibt es ein Sondererbrecht des Ehegatten.

Wer sind die Erben der 1. Ordnung?

Die Erben der ersten Erbordnung sind die Kinder und Abkömmlinge des Erblassers, § 1924 BGB. Dabei gilt: Kinder schließen die von ihnen abstammenden Enkelkinder aus. Enkelkinder erben also nur, wenn deren Elternteil vorverstorben ist oder das Erbe ausschlägt.

Sind mehrere Kinder vorhanden, so erben sie zu gleichen Teilen.

Beispiel:

Hat ein alleinstehender Erblasser also zwei Kinder (eheliche ebenso wie nichteheliche und adoptierte) so werden diese Miterben zu je 1/2. Diese teilen sich den gesamten Nachlass des Verstorbenen.

Wäre eines der Kinder bereits vorverstorben, so würden an dessen Stelle seine Kinder, die Enkel des Erblassers, zu gleichen Teilen treten.

Haben nichteheliche und adoptierte Kinder ein gesetzliches Erbrecht?

Auch nichteheliche Kinder und Adoptivkinder werden im deutschen Erbrecht wie leibliche Kinder behandelt. Sie sind also auch Erben der ersten Ordnung.

Doch Achtung: Wenn nichteheliche Kinder Erb- oder Pflichtteilsrechte geltend machen wollen, reicht es nicht aus, dass sie biologisch vom Erblasser abstammen. Vielmehr muss die Vaterschaft entweder anerkennt oder durch das Familiengericht festgestellt worden sein. Dies ergibt sich in der Regel aus der Geburtsurkunde bzw. einem Auszug aus dem Geburtenregister, hier ist dann der Erblasser als Vater eingetragen.

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Wer sind die Erben der 2. Ordnung?

Verwandte 2. Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (also (Halb-)Geschwister des Erblassers), § 1925 BGB. Diese erben nur, wenn keine Erben der ersten Ordnung mehr vorhanden sind.

Die Eltern erben zu gleichen Teilen.

Wann erben Geschwister?

Geschwister kommen nur zur gesetzlichen Erbfolge, wenn keine Erben der ersten Erbordnung vorhanden sind und mindestens ein gemeinsamer Elternteil mit dem Erblasser verstorben ist.

Denn würden die Eltern noch leben, so würden diese die Geschwister als Erben ausschließen. Sind die Eltern bzw. ein Elternteil aber verstorben, so fällt dessen Erbteil nach unten an dessen Kinder, die Geschwister des Erblassers. Wenn auch diese verstorben oder nicht vorhanden sind, die Nichten und Neffen des Erblassers.

Beispiel:

Der Erblasser ist unverheiratet und kinderlos. Seine Mutter lebt noch, sein Vater ist bereits vorverstorben und hat zwei Kinder hinterlassen: den Bruder des Erblassers und dessen Halbschwester.

Hier sind die beiden Stämme getrennt zu betrachten. Grundsätzlich erben die Eltern zu gleichen Teilen. Die Mutter wird daher Erbe zu ½. Die Hälfte des Vaters fällt an dessen Kinder, also den Bruder und die Halbschwester. Beide werden Miterbe zu jeweils ¼.

Wäre die Mutter auch vorverstorben so würde deren Erbteil an ihre Kinder fallen, in diesem Beispiel an den gemeinsamen Sohn, den Bruder des Erblassers. Dieser würde dann insgesamt ¾ erben (1/4 des Vaters, ½ der Mutter). Die Halbschwester wäre weiterhin mit ¼ am Nachlass beteiligt.

Wer sind die Erben der 3. Ordnung?

Sind auch keine Erben der 2. Ordnung vorhanden (also weder Eltern, noch Geschwister noch Nichten und Neffen etc.), so erben die Verwandten der 3. Ordnung, d.h. die Großeltern und deren Abkömmlinge (Onkel, Tanten, Cousinen, Cousins), § 1926 BGB.

Auch hier gilt das Gleiche wie bei den Eltern: Leben die Großeltern noch, so erben sie zu gleichen Teilen. Ist einer oder mehrere der Großeltern nicht mehr, so fällt deren Erbteil an dessen Kinder bzw. Abkömmlinge.

Wer erbt, wenn es keine gesetzlichen Erben gibt?

Sind überhaupt keine Verwandten und kein Ehepartner mehr vorhanden oder ermittelbar (auch nicht in noch weiter entfernten Erbordnungen) oder schlagen diese alle die Erbschaft aus, so erbt der Staat (sog. Fiskuserbrecht, § 1936 BGB).

Achtung: Der Fiskus, d.h. grundsätzlich das Bundesland, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte, haftet nur mit dem Nachlass für etwaige Verbindlichkeiten des Erblassers.

Ehegattenerbrecht – Erbrecht für Verheiratete und Lebenspartner

Ist der Erblasser verheiratet oder verpartnert, so steht dem Partner ein gesetzliches Erbrecht zu. Der Ehepartner steht dabei außerhalb der Erbordnungen. Die Erbquote variiert, je nachdem welche sonstigen Verwandten noch vorhanden sind und in welchem Güterstand die Eheleute sich befunden haben. Die Quote des Ehepartners ist fix, der verbliebene Teil des Nachlasses teilt sich auf die Verwandten entsprechend ihrer Erbordnungen auf.

Beispiel zu Erbrecht des Ehegatten:

Der Erblasser ist verheiratet und hat zwei Kinder. Eigentlich wären seine Kinder nach der Ersten Erbordnung Erben zu jeweils ½. Da der Erblasser aber verheiratet war, ist zunächst das Erbrecht des Ehegatten zu ermitteln. Beläuft sich dessen Erbquote z.B. auf ½, so wird nur noch die verbliebene andere Hälfte auf die Kinder verteilt. Diese erben daher zu jeweils ¼.

Wie hoch ist das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten?

Die Erbquote variiert, je nachdem welche sonstigen Verwandten noch vorhanden sind und in welchem Güterstand die Eheleute sich befunden haben.

Grundsätzlich gilt nach § 1931 BGB, dass der Ehegatte:

  • Neben Erben der 1. Ordnung zu ¼
  • Neben Erben der 2. Ordnung zu ½
  • Und neben allen anderen zu 1/1

zum Erben berufen ist.

Diese Erbquote kann sich verändern, wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder der Gütertrennung verheiratet waren. Der Güterstand der Gütergemeinschaft verändert die Erbquote hingegen nicht.

Wie hoch ist der Erbteil in der Zugewinngemeinschaft?

Sind die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet (also dem gesetzlichen Güterstand, der besteht, wenn die Eheleute keinen Ehevertrag geschlossen haben), erhöht sich die oben genannte Quote um ein weiteres Viertel als fiktiven Zugewinnausgleich.

Alternativ kann der Ehegatte auch seinen Erbteil ausschlagen und stattdessen seinen konkreten Zugewinn sowie daneben den „kleinen“ Pflichtteil (d.h. berechnet aus dem nicht um ¼ erhöhten Erbteil) verlangen. Dies ist in der Praxis nur sinnvoll, wenn der tatsächliche Zugewinn sehr hoch ausfällt.

→ Alles zur Berechnung und Höhe des Pflichtteils

Die Frage, ob der Ehegatte ausschlagen und den tatsächlichen Zugewinn nebst Pflichtteil verlangen soll oder nicht, ist sehr kompliziert zu beantworten. Es empfiehlt sich in einem solchen Fall daher dringend, sich von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten zu lassen, der Ihnen die Vor- und Nachteile beider Varianten erläutern und bei der Entscheidung helfen kann.

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Beispiel Erbteil in der Zugewinngemeinschaft:

Der Erblasser ist im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet und

  1. Hat zwei Kinder.
  2. Ist kinderlos. Seine Mutter und sein Bruder leben noch.
  3. Nur sein Vater lebt noch, Geschwister sind nicht vorhanden.
  4. Hat weder Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen etc. oder Großeltern.

a)

Die Ehefrau erbt ¼ + ¼ = ½. Jedes Kind erbt ¼.

b)

Die Ehefrau erbt ½ +1/4 = ¾. Die Mutter und der Bruder erben jeweils 1/8.

c)

Die Ehefrau erhält wie eben ¾. Der Vater erbt 1/4.

d)

Die Ehefrau wird Alleinerbe.

Wie hoch ist der Erbteil in der Gütertrennung?

Bei der Gütertrennung ist die Erbquote unterschiedlich, je nachdem wie viele Kinder der Erblasser hat:

Erbt der Ehegatte neben einem Kind, erhalten beide jeweils ½. Erbt der Ehegatte neben zwei Kindern, so erhalten alle jeweils 1/3. Erbt der Ehegatte neben drei Kindern, so erhalten alle jeweils ¼. Sind mehr Kinder vorhanden, so bleibt es bei dem Erbteil von ¼ für den Ehegatten, die Erbteile der Kinder verringern sich dann anteilig.

Erbt der Ehegatte allein, wenn es keine Kinder gibt?

Nein.

Der Ehegatte erbt nur dann allein, wenn weder Abkömmlinge (also Erben der ersten Ordnung), noch Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen, etc. noch Großeltern vorhanden sind.

Auch kinderlose Ehepaare sollten daher dringend ein Testament errichten, wenn sie sich gegenseitig absichern möchten!

Übersicht des Ehegattenerbteils, sofern Kinder vorhanden sind

Güterstand Neben 1 Kind Neben 2 Kindern Neben 3 Kindern
Zugewinngemeinschaft 1/4 + 1/4 1/4 + 1/4 1/4 + 1/4
Gütertrennung 1/2 1/3 1/4
Gütergemeinschaft 1/4 1/4 1/4

Der „Voraus“ des Ehegatten bzw. Lebenspartners

Darüber hinaus steht dem Ehegatten bzw. Lebenspartner als gesetzlichem Erben der sog. „Voraus“, § 1932 BGB zu.

Er erhält neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben den Großeltern die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände, soweit sie nicht Zubehör des Grundstücks sind, sowie die Hochzeitsgeschenke.

Ist er gesetzlicher Miterbe neben Abkömmlingen des Erblassers, erhält er nur diese Gegenstände, soweit sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt werden. Das sind zum Beispiel die Einrichtung der gesamten Wohnung, Gegenstände des täglichen Gebrauchs, nicht aber Luxusgegenstände wie z.B. Gemälde, Meißner Porzellan etc.. Entbehrliche Luxusgegenstände aus dem Haushalt erhält der Ehegatte also nur, wenn keine Abkömmlinge des Erblassers mehr vorhanden sind.

Was geschieht bei Trennung oder Scheidung?

Leben die Ehepartner (nur) getrennt, so hat dies keine Auswirkungen auf das gesetzliche Erbrecht des Ehepartners.

Das Ehegattenerbrecht (und auch das Pflichtteilsrecht) ist aber ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Erbfalles:

  • die Voraussetzungen für die Scheidung gegeben waren und
  • der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Aber Achtung: Hatte nur der Ehegatte die Scheidung beantragt, der Erblasser nicht, so ist der – die Scheidung beantragende – Ehegatte nach dem Erblasser immer noch erbberechtigt!

Tipp: Unabhängig von dieser Regelung kann man den Ehegatten natürlich durch Testament enterben. Ihm steht dann allerdings weiterhin sein Pflichtteilsanspruch sowie ein etwaiger Zugewinnausgleich zu.

Was erbt ein nichtehelicher Lebensgefährte?

Nach dem Gesetz: Nichts. Der Lebensgefährte kann nur dann Erbe werden, wenn er im Testament oder einem Erbvertrag zum Erben benannt wird.

Ein gemeinschaftliches Testament können unverheiratete Paare nicht errichten. Gemeinsam können Sie nur im Rahmen eines Erbvertrages verfügen.

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